LARIFARI
Tschüß Service, hallo DHL Delivery Gmbh!
Foto © DHL.com
Liebe DHL, so langsam macht es mit Euch keinen Spaß mehr. Es nervt. Ungemein!
Ja, ich gebe zu, ich bin ein widerwilliger und seltener Vor-Ort-Einkäufer. Am liebsten
würde ich mir all meine Einkäufe zusenden lassen. Egal, ob Waren des täglichen
Bedarfs, Kleidung, Elektronik oder Spezielles. Leider geht das nicht immer. Aus der
Zweckmäßigkeit heraus, der Dringlichkeit oder Kostengründen. Dass dieser Wunsch
einer Anlieferung besteht, begründet sich in der Tatsache, dass ich unkontrollierte
Menschenmassen hasse. Es ist ein Gräuel. Ich fühle mich unwohl und bekomme
Beklemmungen, falls ich mich tatsächlich dazu durchringe, Einkaufstempel,
Supermärkte oder Massenveranstaltungen zu besuchen. Konzert- oder Theaterveranstaltungen sind eine Ausnahme. Ich gehe im Getümmel rein, suche mir ein
abseitiges Plätzchen, oder habe ein zugewiesenes, genieße die Kultur und gehe im Getümmel wieder raus. Einlaß und Rückweg kosten mich Nerven. Das
Gebotene ist es jedoch oft wert, den Stress zu ertragen.
Ich habe einige Interessen, die es nicht immer zulassen, vor Ort das zu bekommen, was ich mir wünsche und brauche. Zubehör und Verbrauchsmaterialien für
mein Tonstudio sind bei meinen Händlern des Vertrauens nicht immer verfügbar, so dass sie unter Umständen erst bestellt werden müssten. Ausnahmen
meines Einkaufsverhaltens bestehen aus Besuchen bei Fachhändlern, oder unumgänglichen Wegen. Da heißt es dann: Ich weiß, was ich will, gehe in´s Geschäft,
kaufe es ein und bin innerhalb kürzester Zeit wieder raus.
Dies führt dazu, dass ich einen Großteil meines Konsums im Internet abwickle und mir die Waren zusenden lasse. Soweit, so gut. Die Einkaufsmöglichkeiten sind
vielfältig, der Abwicklungs- und Bezahlprozess einfach zu händeln. Dank heutiger Sendungsverfolgungen bin ich immer gut informiert, wo sich meine Bestellung
zum jeweiligen Zeitpunkt befindet.
Dass eine bestellte Ware mich zügig erreicht, ist abhängig vom Post- oder Paketunternehmen des Händlers, oder meiner Wahl dessen, falls ich sie habe. Durch
die Mengen meiner Bestellungen der letzten Jahre, standen diverse Auslieferungsfahrzeuge vor meiner Tür. Mit Ausnahme von DPD, haben es bisher alle
Unternehmen von sich aus geschafft, mir meine Bestellungen zu übergeben. Mit unterschiedlichem Elan, unterschiedlicher Laufzeit und unterschiedlicher
Freundlichkeit.
DPD hier als Abweichung zu nennen, hat den Hintergrund, dass sie es tatsächlich mehrmals geschafft haben, trotz Anwesenheit, tagelange Zustellungsversuche
als "nicht erfolgreich" zu deklarieren. Mehrmals hat es der Zusteller sogar geschafft, zum Briefkasten zu gehen, um mir diesen Akt des angeblichen
Nichtantreffens per Karte zu bestätigen. 10 Meter weiter zu laufen, zu meiner Tür, war anscheinend nicht möglich.
Aber zurück zum Thema. Herauskristallisiert hat sich, was Schnelligkeit, Freundlichkeit und Service angeht, dass DHL zu unserem Favoriten gekürt wurde. Über
viele Jahre hinweg, gab es ein kaum wechselndes Team von Mitarbeitern, die uns belieferten. Man kannte sich mit der Zeit, grüßte und war tatsächlich mal ein
schlecht beschriftetes oder ein zum Teil falsch adressiertes Päckchen dabei, wusste der Zusteller meist, wo wir zu finden waren. Man konnte zu 95 Prozent fest
damit rechnen, dass eine Bestellung, sofern sie vom Händler zügig weitergereicht wurde, spätestens in zwei Werktagen im Hause war. Die restlichen 5 Prozent
waren diversen Feiertagen oder krankheits- oder ulaubsbedingten Ausfällen bei DHL zuzuschreiben. Der Verzug von meist nur einem Arbeitstag war dann kaum
der Rede wert. Ich weiß nicht, ob diese Situation in unserer Gegend eine Ausnahme war, oder im Großteil der Republik ähnlich gehandhabt wurde. Man sollte es
erwarten. Aber tatsächlich stellte sich dies bei uns, als Norm dar.
Seit April diesen Jahres, ist dieser befriedigende Zustand vorbei. In aller Regelmäßigkeit verzögern sich Auslieferungen um Tage. Und das nicht erst seit den
derzeitigen Streiks. War es bisher so, dass meine Pakete das Zielpaketzentrum erreicht hatte, konnte ich davon ausgehen, am selben Tag beliefert zu werden.
Heute warte ich zum Teil Tage darauf, dass sie überhaupt in´s Zustellfahrzeug geladen werden. Und auch diese Info ist kein Garant mehr, dass es an diesem Tag
ankommt. Es gab bereits Sendungen, die waren bis zu acht Tage, ab Übergabe vom Händler, unterwegs!
Dieser Zustand ist zutiefst ärgerlich und unerfreulich. Es tut mir leid DHL, aber irgendetwas läuft bei Euch schief! Ob es daran liegt, dass Ihr unser
Zustellungsgebiet an die DHL Delivery GmbH übergeben habt? Ob diese Mitarbeiter unmotiviert an ihre Arbeit gehen? Ob Ihr Strukturen geändert habt und
Eure Angestellten damit überfordert? Ich weiß es nicht! Ich kann da nur spekulieren. Fest steht, dass es bis April 2015 mit Euren festangestellten Paketzustellern
bestens lief und man sich bis dahin auf Euch verlassen konnte. Die Zeiten sind anscheinend vorbei...
Eure internen Probleme und Auseinandersetzungen, sollten mich als Verbraucher im Grunde nichts angehen. Wenn sie jedoch Auswirkungen auf mich als
Kunden haben, dann sehr wohl. Wenn Ihr durch die Schaffung Eurer Delivery GmbH nicht mehr in der Lage seid, Euren Servicestandard zu halten, dann sollte
man ernsthaft überlegen, ob Eure Anstrengungen nicht in die falsche Richtung gehen. Ich bin nicht gewillt, Aufschläge zahlen, nur damit Ihr Euer Niveau der
letzten Jahre wieder herstellen könnt. Eure Argumente für die Erschaffung der Delivery GmbH, dass Mitbewerber ihren Angestellten weniger zahlen und ihr
Euch "dem Markt anpassen müsst", zählen für mich nicht. Der Standardspruch meiner Mutter lautete in diesem Fall: "...und wenn die anderen aus dem Fenster
springen, springst du auch?"
Was hier außer Frage steht, ist, dass Ihr Euch in Eurem Unternehmen unnötig eine Zweiklassengesellschaft erschaffen habt. Leute vor den Kopf zu stoßen, die
jahrelang für Euch gearbeitet haben, den selben Job verrichten und jetzt auf einmal weniger verdienen, ist schäbig. Neid und Demotivation unter den
Angestellten wird das Ergebnis sein. Euer Aushängeschild und unsere bisherige Zufriedenheit, bestand am Ende nicht darin, dass Ihr teure, schicke und
hochmoderne Logistikzentren erschaffen habt, sondern der Service und die Schnelligkeit vor Ort durch Eure Mitarbeiter. Sie sind das Gesicht, dass Euch
präsentiert. Das Ergebnis ihrer Arbeit, ist das, woran man Euch misst. Und wenn aus diversen Gründen ein Paket oder Päckchen erst vier oder fünf Tage,
nachdem es im Auslieferungslager landet, bei uns ankommt, nützt es nichts, wenn der Weg vom Händler zu diesem nur einen Arbeitstag dauerte.
Dass es immer Konkurrenz für Euch geben wird, ist selbstverständlich. Dass es dabei auch immer Billigheimer geben wird, die auf Kosten von Personal und
Service ihre Dienste verrichten werden, wird vorkommen. Wenn Ihr Euch aber in die Schlange derer einreihen wollt und Euch nicht mehr von denen
unterscheidet, dann werden auch Unternehmen und Privatpersonen langsam entscheiden müssen, ob es ihnen wert ist, Euch, als Dienstleister zu verpflichten.
Denn günstiger geht immer!
Das folgende gilt nicht nur für Euch, liebe DHL: Wenn Ihr Eure eigenen Mitarbeiter und deren Arbeit nicht wertschätzt, warum sollte es ein Mitarbeiter
umgekehrt tun? Wenn Firmen meinen, ein Lohn für die eigenen Angestellten, an der unteren Grenze der Möglichkeiten, biete ihnen den größtmöglichen
wirtschaftlichen Nutzen, dann befinden sie sich im Irrtum. Wenn Geschäftsleitungen denken, Schlupflöcher, die Tarifverträge umgehen, indem einfach ein
Arbeitsplatz einer schlechter bezahlten Branche zugeordnet wird, begehen sie einen ungemeinen Fehler. Es sind genau diese Mitarbeiter, die dem
Unternehmen das Geld einbringen und auf die der Unternehmer angewiesen ist. Am Ende bekommt er mit dieser Strategie genau das, was er selbst aufbringt:
Eine Arbeitskraft, die nur das Nötigste aufwenden wird, um diesen Job zu erledigen. Und das ist keine Grundlage, auch in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben.
Dass es immer noch schlimmer gehen kann, zeigen genügend Firmen, deren Unternehmen grundlegend auf Billigjobs und Hungerlöhnen basieren. Das sind
die, die am lautesten geschrien haben, als der Mindestlohn eingeführt wurde. Das sind auch die, die in der ersten Reihe standen, wenn es darum geht, dass der
Staat sich gefälligst aus allem heraus halten sollte. Und das sind die, die ihre eigenen Angestellten zum Jobcenter schicken, damit sie aufstocken sollen, um
überhaupt ein Leben führen zu können. Dafür ist der Staat am Ende gut genug. Nein, liebe DHL. Soweit seid Ihr noch nicht. Und Eure Überlegungen werden
ganz sicher nie in diese Richtung gehen. Schlussendlich erwarte ich nicht mehr von Euch, als dass Ihr Euren Job macht, wofür ich zahle und wie ich es gewohnt
war. Alles andere ist irrelevant.
Eine letzte Anmerkung: Ich würde mich nicht wundern, wenn in dieser Republik auch andere Branchen auf die Idee kommen würden, ihre Mitarbeiter nach
günstigeren Tarifvorgaben bezahlen zu wollen. So könnten Kaufleute für Touristik oder Bankkaufleute doch locker auch nach Logistikbrachenvertrag bezahlt
werden. Oder wie wär´s mit Büroangestellten oder Flugpiloten? Irgendwas wird doch schließlich immer von A nach B bewegt: Geld, Aktenordner oder Touristen
und Fluggäste...
Anmerkung: Diesen Text schrieb ich vor zirka 10 Jahren. Wir haben das Jahr 2023 und ich muss zugeben, dass sich die Lage in unserer Wohngegend wieder
verbessert hat. Trotz der höheren Paketaufkommen der letzten Jahre.