LARIFARI
Die Flut, das Steak und der Wald
18.07.2021
Nicht erst seit den letzten Tagen mit der tragischen Flutkatastrophe in Deutschland und den
angrenzenden Ländern herrscht eine rege Diskussion darüber, wie wir Menschen mit unserer Natur
und somit mit unserem Lebensraum und seinen Bewohnern umgehen. Diese
Auseinandersetzungen ziehen sich in viele Bereiche unseres Lebens. Wenn es um Nachhaltigkeit
geht, um unseren Konsum, um unsere Lebensmittel oder um unser Umweltverhalten. In den letzten
Jahren wird diese Diskussion schärfer geführt. Wie bei anderen Themen auch, schüren diverse
Gruppen die Spaltung unserer Gesellschaft, was sich letztendlich in der Form der
Auseinandersetzung und der Meinungsbildung niederschlägt. Nicht mehr die Kommunikation und
der Austausch stehen hier im Fokus, sondern nur noch die Frontenbildung. Dafür oder dagegen.
Kein Miteinander, sondern ein Gegeneinander. Ein Treffen der Hardliner sozusagen. Man bekommt
kein Gefühl mehr dafür, ob hier Ansichten und Lebensmodelle, oder Fakten und Erkenntnisse geteilt
werden, sondern nur noch, wer sich die stärkeren Argumente gegen die anderen ausdenkt. Bis ins Absurde.
Seit mehr als zwei Jahren, wahrscheinlich angefeuert durch die damaligen Schülerproteste, der Fridays für Future-Bewegung, habe ich viel Hass, Unverständnis
und Ablehnung für diese Themen erfahren. Und ehrlich? Ich verstehe es nicht.
Bereits in meinem ersten Schuljahr, Ende der Siebziger Jahre lernte ich, was die Industrie und der Mensch dem Planeten antut. Da ich in der DDR aufgewachsen
bin, hat man hier tunlichst vermieden, die eigenen Umweltsünden an den Pranger zu stellen. Zwar hatte man bereits 1968 den Umweltschutz in die DDR-
Verfassung verankert, also weit früher als in Westdeutschland, aber so genau nahm man es dann doch nicht. Erst nach dem Zusammenbruch des Landes wurde
allgemein bekannt, welche massiven Umweltschäden unsere Industrie angerichtet hatte. Gewässer und Böden waren katastrophal belastet, die Luft hatte
vielerorts eine gesundheitsschädliche Qualität, Abwässer gelangten ungeklärt in Gewässer und in Thüringen und Sachsen, wo Uranerz abgebaut wurde, waren
große Flächen radioaktiv verseucht. Um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen.
Aber ungeachtet der späteren Erkenntnisse, waren die Umweltschäden zu dieser Zeit nicht zu übersehen. Der Wald war in einigen Gegenden tot, in einigen
Flüssen, wie der Elbe, wäre man nie schwimmen gegangen, Atemwegs- und Hauterkrankungen häuften sich in Industriegebieten und wilde Müllkippen
verteilten sich über das gesamte Land.
Ich finde es immer ganz sonderbar, wenn Leute, die mit mir darüber diskutieren, immer gern den Vergleich zu diesen 70er und 80er Jahren ziehen wollen.
Schaut, wir zerstören unsere Ozonschicht nicht mehr mit FCKW, das große Waldsterben, dass uns prophezeit wurde, ist ausgeblieben, seht, wir haben unsere
Industrieanlagen mit Filtern ausgestattet und die Luft ist heute die Beste, die wir je hatten... Dabei vergessen sie gern, dass das womit sie es vergleichen,
wirklich katastrophal war. Der ständige Smog über den Städten, die grauen Dörfer zum Beispiel rund um die Zementwerke in Rüdersdorf, die ständige Vorsicht
der Menschen in einigen Landstrichen nicht aus dem Wasserhahn zu trinken oder gar die Vermeidung, einige Gegenden überhaupt zu besuchen. Natürlich
möchte man so etwas nicht mehr erleben. Und schaut man heute genauer hin, dann wird man schnell feststellen, dass unser Umweltschutz oftmals nur aus gut
gemeinten Kompromissen besteht, die zumindest dafür sorgen, dass die Menschen nicht so schnell krank werden, wie damals. Die Hauptpriorität für die
meisten Entscheider, und hier sehe nicht nur ich das Problem, liegt noch immer, wie damals auch, nicht bei der Umwelt und dem Menschen, sondern bei der
Industrie und ihren Gewinnen. Man handelt nach Interessen, nicht nach Vernunft oder Erkenntnissen. Das gilt tatsächlich nicht nur für den Umweltschutz,
sondern auch in vielen anderen Bereichen findet diese Vorgehensweise ihre Anwendung. Deshalb wundert es auch nicht, dass man viele Parallelen derzeit zur
Bewältigung der aktuellen Coronapandemie ziehen kann.
Gerade die Wissenschaft wird seit Jahrzehnten ignoriert, oder kleingeredet. Das dürfte auch mittlerweile jedem aufgefallen sein, der sich nur am Rande mit
Umwelt-Thematiken beschäftigt. Nicht erst seit den extremen Hitzewellen der letzten Jahre, den langanhaltenden Trockenperioden oder der Häufung von
Witterungsextremen weltweit. Es gibt seit Jahrzehnten nicht nur Indizien sondern auch Beweise dafür, dass wir Menschen das Klima stark beeinflussen. Ebenso
zeigen uns die weltweit zusammengetragenen Daten und Statistiken, was sich alles verändert hat. Warum diese Hinweise nicht ernsthaft erhört werden und
Konsequenzen gezogen werden, ist mir ein Rätsel. Noch mehr verwundert es mich, warum einige Herrschaften der Industrie, der Politik, oder auch der ein oder
andere im privaten Bereich behauptet, dass diese wissenschaftlichen Nachweise nur eine Meinung wären. Trotz aller Beweise und Fakten.
Gehe ich auf die Argumente der Relativierer ein, so sehe ich tatsächlich nur eine einzige Initiative, die umwelttechnisch weltweit erfolgreich war. Der Kampf
gegen die Zerstörung unserer Ozonschicht. Wobei erfolgreich eigentlich das falsche Wort ist. Denn ehe man sich zu Handlungen gezwungen sah, vergingen viele
Jahrzehnte ungenutzt, in denen man das Problem nicht beachtete oder verdrängte. Bereits 1957 wurden alarmierende Messungen der britischen
Forschungsstation Halley Bay veröffentlicht, die eine eindeutige Schwächung der Ozonschicht über der Antarktis belegten. Die Chemiker Mario J. Molina und
Frank Sherwood Rowland warnten 1974, dass die Anreicherung der schwer abbaubaren Fluorchlorkohlenwasserstoffe, also FCKW, in der Atmosphäre zu einer
wesentlichen Abnahme der Ozonschicht führen werden. Ozon ist ein wichtiger Bestandteil unserer Erdatmosphäre, dass die gesundheitsgefährdenden UV-C-
und UV-B-Strahlungungen der Sonne absorbiert und das Leben auf der Erde vor Strahlenschäden schützt.
Erst 20 Jahre nach dieser Erkenntnis, als die Folgen nicht mehr zu übersehen waren, das sogenannte Ozonloch entstand und die Menschen einem erhöhten
Risiko ausgesetzt waren, an Hautkrebs oder anderen Schäden zu erkranken, handelten die Regierungen dieser Welt. Trotz aller Verpflichtungen und Verbote,
sollte es noch weitere 16 Jahre dauern, bis FCKW nicht mehr hergestellt werden durften. Die Menschheit hat also 53 Jahre gebraucht, um ein sehr eindeutig
gefährliches Umwelt-Problem zu beseitigen. Was für ein Dilemma.
Wenn wir grundsätzlich erst handeln, wenn es fast zu spät ist, dann sind wir meiner Meinung nach auf dem falschem Weg. Wir hatten zwar Glück, dass wir
rechtzeitig auf die Bremse getreten sind, um die Zerstörung der Ozonschicht aufzuhalten, aber das weit größere Glück, dass diese sich erholen konnte. Man
wusste es nicht, man hat es sich erhofft. In anderen Bereichen wird ein solch später Schritt unter Umständen nicht umkehrbar sein und wir und unsere Kinder
müssen mit den Konsequenzen leben.
Gar keine Frage, natürlich muss man wohlwollend zur Kenntnis nehmen, dass das Thema Umwelt in den letzten Jahrzehnten glücklicherweise mehr in den
Fokus gerückt ist. Dank solchen Organisationen, wie Greenpeace, WWF, B.U.N.D und anderen. Zwar hat es noch lange nicht die Priorität, die es erhalten sollte,
aber immerhin; es ist ein Anfang. Und die Kritiker schärferer Umweltgesetze haben sicherlich nicht ganz unrecht, dass unsere Luft besser geworden ist,
Filteranlagen für Industriezweige Pflicht sind und die Flüsse und Seen nicht mehr so stark belastet sind, wie damals. Aber man sollte sich bewusst werden, dass
dies nur auf den Schultern anderer Nationen ausgetragen wurde. Und genau hier liegt eines der Probleme. Unsere Industrie hat sehr schnell erkannt, dass sie
gegen diverse Umweltauflagen in unseren Breitengraden nicht mehr ankommt. Trotz allen massiven und aktiven Versuchen, Gesetze und Maßnahmen zu
verzögern, oder aufzuhalten. Das betrifft nicht nur den Umweltschutz, sondern auch viele andere Bereiche, in denen wir als Europäer und Bewohner großer
Industriestaaten in unserer Arbeitswelt, unseren Menschrechten oder unserer Gesundheit geschützt sind. Ein Großteil der oftmals dreckigen
Produktionsprozesse wurden kurzerhand in Entwicklungs- und Schwellenländer verlagert. Hier muss die Industrie nicht nur weit weniger Auflagen erfüllen,
sondern kann zudem billigst produzieren und dadurch eine erhebliche Menge Geld einsparen.
Dass unser Luxus, unser Reichtum, unsere Verschwendung, unser Schutz und die meist recht guten Umweltbedingungen auf der Ausbeutung und der Not
ärmerer Nationen beruhen, ist uns, den Nutznießern wenig bewusst. Oder wir lagern es gedanklich aus. Dass wir die Schädigung der Umwelt und die dadurch
entstehenden Probleme in andere Regionen der Welt ausgelagert haben, ebenso wenig. Nur am Ende sind auch wir nicht vollständig davor geschützt, die
Auswirkungen unserer Taten zu spüren. Gerade jetzt im Juli 2021 werden wir schmerzhaft daran erinnert. In den letzten Jahren haben wir dies bereits in der
Häufung und der Verschärfung von Witterungsextremen erleben können. Der Klimawandel ist auch bei uns in Deutschland angekommen. Und wer immer noch
meint, dieser sei natürlichen Ursprungs, für den habe ich ein paar Beispiele, welchen Einfluss wir darauf ausüben.
Nehmen wir unseren Müll. Gaukelt man uns seit vielen Jahren vor, wie man mit hochmodernen Anlagen und intelligenten Systemen unseren Abfall trennt,
verarbeitet, recycelt und ökologisch umweltgerecht entsorgt, so sieht die Realität anders aus. Tatsächlich gelangt er zu einem nicht unerheblichen Teil zum
Beispiel nach Malaysia. Ähnlich wie unser Elektromüll, der nach Afrika verschifft wird. Dies alles geschieht unter dem Deckmäntelchen des Recyclings. Und ist
legal. Aus dem Lande, aus dem Sinn. Was aber nun geschieht mit unserem Müll? Ganz einfach: Ein Bruchteil wird tatsächlich recycelt. Vor allem hat man es hier
auf seltene Rohstoffe abgesehen, die zusammen mit den Geldern für die Abnahme des Mülls für diese Länder zwar wirtschaftlich sind, jedoch den kleinsten
Anteil ausweisen. Der Rest, also der Großteil wird einfach verbrannt oder deponiert. Die niedrigen Umweltstandards sorgen in diesen Ländern dafür, dass es
kaum Restriktionen oder Auflagen gibt, so dass diese Art der Entsorgung auch unter freiem Himmel stattfindet. Ganz offiziell, ohne Filteranlagen und ohne
Konsequenzen. Emissionen der Verbrennung gelangen in die Umwelt, abfallendes Plastik und andere Schadstoffe in die Natur, die Gewässer und ins Meer.
Nicht nur die Ökosysteme leiden erheblich darunter, sondern auch die Menschen, die dort leben. Und die Verantwortung dafür tragen wir, die
Industrienationen.
Ein anderes Beispiel: Unsere Kleidung. Zirka 90 Prozent aller in Deutschland verkauften Kleidungsstücke, werden importiert. Hauptsächlich aus Asien. Mehr als
50 Prozent davon kommen aus China, Indien, Bangladesch und der Türkei. Von 2000 bis 2015 hat sich die weltweite Anzahl der Kleidungskäufe mehr als
verdoppelt. Bis 2030 rechnet man damit, dass sich diese Anzahl noch einmal verdoppeln wird. Es muss also auch mehr produziert werden. Was hat die
Produktion unserer Kleidungsstücke nun aber mit unserer Umwelt zu tun? Eine ganze Menge. Die Textilindustrie ist eine der größten Klimasünder überhaupt.
Sie verursacht unter anderem mehr Treibhausgase als der gesamte weltweite Flug- und Schiffsverkehr zusammen. Und damit meine ich die Zeit vor der
Coronapandemie. Aber auch andere Zahlen in der Textilverarbeitung sind erschreckend. Zirka 6.500 verschiedene Chemikalien werden bei der Veredelung von
Stoffen verwendet. Darunter auch einige Schwermetalle, wie Arsen oder Cadmium. Viele davon sind äußerst giftig oder krebserregend. Aber weil diese Stoffe
und die Kleidung nicht in Europa oder Deutschland hergestellt werden, sehen wir oft ungenügende Sicherheitsstandards, Kontrollen, oder Gesetze, die die
Umwelt oder die Menschen vor Ort schützen. 17-20 Prozent der weltweiten industriellen Abwässer entstehen in der Textilindustrie. An Kläranlagen in den
Entwicklungsländern mangelt es, oder diese, sofern es sie gibt, werden zum Teil durch den weltweiten Preisdruck gar nicht erst angestellt. Aus Kostengründen.
So gelangen auch hier viele Schadstoffe in die natürlichen Ökosysteme. Allein der Anbau von Baumwolle verbraucht überdurchschnittlich viel Wasser, wodurch
viele Ökosysteme zerstört und natürliche Reserven aufgebraucht werden, die gerade in wasserknappen Ländern dringend gebraucht werden. Zudem werden
die Böden und das Wasser beträchtlich mit Pflanzenschutzmitteln und Dünger verunreinigt. Zirka 16 Prozent aller Insektizide weltweit werden nur allein auf
Baumwollfeldern versprüht. Um jetzt nicht seitenweise Zahlen zu zitieren, vielleicht nur noch eines. 35 Prozent des gefundenen Mikroplastiks im Meer stammen
aus Fasern synthetischer Kleidung. Und je mehr wir konsumieren, umso größer werden diese Probleme.
Das letzte Beispiel, dass ich gern nennen würde sind unsere Lebensmittel. Und in diesem Zusammenhang muss man ganz klar die Fleischproduktion nennen,
die mittlerweile einen erheblichen Einfluss auf unser Klima hat. Vielleicht erstmal vorab ein kleiner Exkurs: Treibhausgase, wie CO2, oder Methan führen bei
zunehmender Konzentration in der Atmosphäre zu einer erhöhten Erwärmung des Erdklimas. Dies wiederum führt zu einem erheblichen Ungleichgewicht
unserer Ökosysteme. Was das für uns bedeutet, sollte jedem klar sein: Unser Lebensraum ist bedroht. Beispielsweise unsere Wälder mit ihrer Artenvielfalt und
demzufolge auch ihren Funktionen, dem Bodenschutz, der Nutzfunktion und der Erholungsfunktion. Dass dies Auswirkungen hat, haben wir selbst erlebt.
Besonders der Dürresommer 2018 ist hier zu nennen, von dem sich unsere Wälder bis heute nicht erholt haben, oder aktuell die bereits genannte
Flutkatastrophe, die in einigen Regionen unserer Republik große Schäden angerichtet und viele Leben gekostet hat.
Aber zurück zur Fleischproduktion: 14,5 Prozent aller weltweiten Treibhausgase stammen aus der Haltung und der Verarbeitung von Tieren. Die Haltung von
Rindern ist für zirka 65 % dieser Emissionen verantwortlich. Mittlerweile werden ungefähr 77 Prozent des weltweiten Ackerlandes allein für die
Fleischproduktion genutzt. Weil der Bedarf von Ackerland stetig wächst, auch für Soja, Kaffee oder billigem Palmöl, werden Millionen Hektar tropischer
Regenwälder abgeholzt. Und das in unserem Auftrag. Die EU ist derzeit der zweitgrößte Zerstörer dieser Wälder, um landwirtschaftliche Nutzflächen zu
schaffen, bis 2013 waren wir die Nummer eins. Was wir einst in der Schule gelernt haben, scheint für Politik und Industrie nicht mehr zu gelten: Dass gerade die
tropischen Regenwälder eine wichtige Funktion für das Weltklima darstellen. Sie sorgen für Niederschläge, helfen bei der Regulierung und Stabilisierung
unseres Klimas. Sie halten unseren Planeten kühl, sichern die Wasserversorgung, nehmen Unmengen Kohlendioxid auf und setzen Sauerstoff frei.
Dass die Industrie ihre Verantwortung gern auf den Konsumenten schiebt, ist hinlänglich bekannt. Wenn man sie mit den Fakten ihres Tuns konfrontiert
kommen Pseudoargumente wie „der Konsument erwartet günstige Kleidung, oder billiges Fleisch. Der Konsument ist nicht bereit… blablabla“ Wir kennen das
seit Jahren. Was nützen also all die fortschrittlichen Vereinbarungen, Gesetze und Auflagen in Europa und anderen Staaten, wenn die Industrie eigentlich so
weitermacht, wie bisher, nur an anderer Stelle. Eine Möglichkeit dem entgegen zu wirken, wäre das sogenannte Lieferkettengesetz. Hier steht im Fokus der
weltweite Schutz der Arbeitnehmer und der Umwelt nach deutschen und europäischen Standards. Die Unternehmen werden somit verpflichtet, dafür zu
sorgen, dass diese eingehalten werden. Und zwar für die gesamte Lieferkette, also auch die Produktion. Sie können sich den Aufschrei vorstellen, der durch
diese Chefetagen ging.
Es gibt natürlich noch unzählige weitere Beispiele, die man nennen könnte. Aber weil die gesamte Thematik einfach zu komplex und zu umfangreich ist, belasse
ich es dabei. Ginge man in weitere Details und reißt die Themenfelder nicht nur an, wie ich, könnte man wahrscheinlich eine ganze Reihe von Podcastfolgen
damit füllen. Das war jedoch nicht mein Ansatz. Diese Beispiele habe ich gewählt, weil es Inhalte sind, über die wir seltener nachdenken und die für uns zum
Alltag gehören. Kleidung, Lebensmittel, Müll. Notwendig, selbstverständlich und nicht immer zu vermeiden. Wir hinterfragen diese Bereiche unseres Lebens
wenig und erwarten, dass Kleidung und Lebensmittel verfügbar sind und dass sie entsorgt werden, sollten wir sie nicht mehr benötigen. Wir hinterfragen zudem
selten, woher unsere Güter stammen und welche Wege sie genommen haben, um bei uns zu landen. Aber gerade dies, neben unserer Mobilität, worüber eher
gesprochen wird, wenn es um den Umweltschutz geht, können wir selbst steuern. Mit ein wenig mehr Interesse an der Herkunft und der Frage, warum wir oft
nur wenig für bestimmte Produkte bezahlen müssen, obwohl sie von weit her kommen. Wir können unser Kaufverhalten überdenken, wir können entscheiden,
welche Lebensmittel bei uns auf den Tisch kommen. Wir können darüber nachdenken, ob ein 30. T-Shirt oder eine 20. Hose unseren Kleiderschrank füllen muss.
Wir können uns überlegen, ob wir tatsächlich unseren Fleischkonsum auf dem Level halten wollen, der immerhin im Schnitt bei 1,1 Kilo in der Woche pro
Einwohner liegt. Wir können entscheiden, ob wir einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten wollen, ob wir Dinge kaufen, die wieder verwertbar sind. Glasflaschen,
statt Plastik oder Produkte aus der Region, beziehungsweise aus ökologischem Anbau. Würden wir nur wenig verändern, hätte dies große Auswirkungen auf
unsere Umwelt und unsere Zukunft.
Ich beschäftige mich seit Jahren mit diesen Themen und versuche durchaus, auch meinen eigenen Beitrag zu leisten, wo ich es kann. Deswegen bin ich nicht
unbedingt zum Teil der Ökobewegung oder gar zum Vegetarier geworden, obwohl ich schon mal für zwei Jahre vegetarisch lebte. Nein, ich versuche tatsächlich
meinen Konsum anzupassen und auch Neues zu probieren. Gerade in der letzten Zeit habe ich immer wieder Alternativen gefunden, die mein Verlangen nach
einem Schnitzel oder einer Boulette gestillt haben, ohne dass ein Tier deswegen sterben musste. Ich muss und will nicht gänzlich darauf verzichten, aber ich
kann es so steuern, damit es etwas besonderes bleibt. Ein großer Kleidungskäufer bin ich auch nicht, da ich lieber Geld in Technik oder Instrumente stecke, um
Musik zu machen. Ich versuche einfach, Dinge zu ändern, weil es mir wichtig ist. Auch, wenn es mir schwer gemacht wird, wenn ich an all die unnützen und
übermäßigen Verpackungen der Konsumgüter denke. Was für ein Wahnsinn.
Mit all diesen Gedanken im Hintergrund, habe ich es überhaupt nicht verstanden, warum sich während der Fridays For Future Demonstrationen ein so extremer
Hass gegen Umweltthemen bilden konnte. Das alles fokussierte sich letztendlich auf eine Person: Greta Thunberg (Grietta Thünberrie). Was viele nicht
verstehen wollten war, dass ihre Botschaft nichts anderes hergab, als Fakten und die Erkenntnisse der Wissenschaft. Natürlich rief sie die Welt zum Handeln auf,
was ich mehr als verständlich finde, denn die realen Experten und Wissenschaftler blieben meist ungehört.
Dass sie eine ganze Generation von Schülern bewegen sollte, sich massenhaft an diesen Demonstrationen weltweit zu beteiligen, finde ich bis heute
sensationell. Das brachte die Aufmerksamkeit, die diese Themen verdienen. Wie die Auseinandersetzung darüber in der Bevölkerung geführt wurde, empfand
ich mehr als peinlich. Denn hier sah man wieder die typische Ignoranz einiger, nicht mal über den Tellerrand hinaus zu schauen. Über die Inhalte der Aussagen
dieser Bewegung sprachen die wenigsten. Stattdessen zerriss man sich lieber die Mäuler, um die Motivation und den Aktionismus der damaligen Schülerin in
Frage zu stellen. Man regte sich auf, dass sie ein schlechtes Beispiel abgäbe und die Bildung doch wichtiger wäre, als die Umwelt. Statt zu diskutieren, wie man
es besser machen könnte, oder sich an die eigene Nase zu fassen, machte man sich lieber Sorgen um sein dieselbetriebenes Fahrzeug, um seine Südfrüchte
und seine Fernreisen. Das alles wollen sie sich doch von so einer dummen schwedischen Göre nicht nehmen lassen. Soweit kommt es noch. Die andere
Fraktion, die zusätzlich auf den Plan trat, war die der Klimaleugner. Laut, unflätig und böswillig füllten sie die Seiten der sozialen Medien mit abstrusen Ideen
und der Pseudowissenschaft aus der Youtube-Universität. Fakten spielten für sie eh keine Rolle.
Auf andere große Klimasünder, wie die Energieerzeuger, die industrielle Fischerei oder die Ölindustrie haben wir als kleine Verbraucher wenig Einfluss. Deshalb
habe ich sie nicht thematisiert. Wie lange wir noch damit leben müssen, bis erneuerbare Energien Standard werden, und ölbasierte Produkte von Alternativen
abgelöst werden, das wissen wir nicht. Ebenso wenig, ob wir unseren Fischbedarf auch auf andere Weise decken können, statt die Meere leer zu fischen. Das
alles bestimmt die Politik und der Produzent. Aber zumindest darüber nachdenken, wie wir in den beinflussbaren Bereichen handeln, das wäre wünschenswert.
Natürlich muss jeder für sich entscheiden, wie er damit umgeht. Ich selbst denke dabei immer an die nächsten Generationen. Meine zwei Töchter werden
wahrscheinlich auch irgendwann Kinder in die Welt setzen. Und ich frage mich dabei, wie unsere Welt bei ihnen, oder der übernächsten Generation aussehen
würde, wenn wir so weitermachen, wie bisher. Vielleicht werden aber auch die aktuellen Ereignisse dazu beitragen, ein Umdenken bei den Menschen zu
fördern. Denn eines wird deutlich. Der Klimawandel ist bei uns angekommen und wird in naher Zukunft auch in unserem Land weiteren erheblichen Schaden
verursachen. Wenn wir nicht jetzt etwas dagegen tun, was die Wissenschaft seit vielen Jahren fordert, wann dann?